
Mehr Sicherheit für den Radverkehr durch moderne Forschung
25 Juni 2025
Ein Fahrradsimulator hilft Prof. Silja Hoffmann und Prof. Anja Katharina Huemer in ihrer Forschung, kritische Verkehrssituationen völlig gefahrlos im Labor nachzustellen und zu analysieren.
In 2024 kamen deutschlandweit 441 Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen im Straßenverkehr durch Unfälle ums Leben (Quelle: Statistisches Bundesamt). Bei mehr als zwei Dritteln der Fahrradunfälle mit Personenschaden sind weitere Verkehrsteilnehmende beteiligt. Diese erschreckende Zahl macht deutlich, wie wichtig es ist, die Sicherheit auf den Straßen kontinuierlich zu verbessern. An der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) kommt ein moderner Fahrradsimulator zum Einsatz, der Forschende dabei unterstützt, neue Konzepte für den Radverkehr zu testen und das Verhalten von Menschen in kritischen Verkehrssituationen besser zu verstehen.
Prof. Silja Hoffmann (Professur Intelligente, multimodale Verkehrssysteme) und Prof. Anja Katharina Huemer (Professur für Verkehrspsychologie) führen das Labor, in dem sich auch noch PKW- und Fußgängersimulatoren befinden am Institut für Verkehrswesen und Raumplanung.
Verkehr verstehen – für Sicherheit auf den Straßen
Die Simulatoren sind ein Teil des Forschungsprojekts MORE, das im gleichnamigen Forschungszentrum „Mobilität und regenerative Energien“ (FZ MORE) angesiedelt ist und teilweise durch dtec.bw* gefördert wird. Die einzigartige Kopplung von einem Fußgänger- und einem PKW-Simulator zusammen mit dem Fahrradsimulator lässt Forschende genau analysieren, wie die verschiedenen Verkehrsteilnehmenden miteinander interagieren.
„Mit den gewonnenen Daten können wir neue Konzepte für Radwege testen, bevor sie in den Stadtverkehr integriert werden. Unser Ziel ist es, die Wirkung von neuen Umsetzungsmöglichkeiten zu testen und das Verhalten aller Verkehrsteilnehmenden zu verstehen,“ erklärt Prof. Huemer eines ihrer Forschungsvorhaben.
Realistische Testszenarien ohne Gefahr
Der Fahrradsimulator ermöglicht es, Radfahrsituationen unter realistischen Bedingungen zu erleben. Die Testpersonen sitzen auf einem echten Fahrrad, das am Boden festmontiert und rundum von Bildschirmen umgeben ist. Selbst eine Windanlage wurde für eine realistische Erfahrung integriert.
Die Tests folgen einem vorher festgelegten Szenario – fast wie ein kleines Drehbuch mit Triggerpunkten. An denen sollen gezielt Reaktionen ausgelöst werden, zum Beispiel durch ein Kind, das plötzlich auf die Straße läuft. So wird untersucht, wie Fahrradfahrende in kritischen Situationen reagieren. Während der Testfahrten achten die Forschenden auch auf weitere Reaktionen: Wann wird gebremst? Wohin blickt die Testperson? Wie hoch ist das Stresslevel in bestimmten Situationen?
Zusätzlich kann der Fahrradsimulator mit einem PKW-Simulator und einem Fußgängersimulator (VR-Brille) kombiniert werden. So lassen sich auch komplexere Verkehrssituationen darstellen und analysieren. Die Kopplung von zwei oder mehreren Simulatoren ist ein relativ neuer Forschungsansatz.
„Der Vorteil von unserem Fahrradsimulator ist, dass wir ihn mit dem PKW-Simulator koppeln können und dadurch gefährliche Situationen aus dem Straßenverkehr völlig gefahrlos für die Fahrenden im Labor nachstellen und kontrolliert untersuchen können“, erklärt Prof. Hoffmann.
Der Fahrradsimulator lässt sich mit einem PKW- und/ oder einem Fußgänger-Simulator koppeln, damit Verkehrssituationen realistisch dargestellt werden können (beide Bilder: © Universität der Bundeswehr München/Siebold)
„Indem wir verschiedene Simulatoren intelligent koppeln, können wir neue Mobilitätslösungen wie automatisierte Fahrzeuge oder intelligente Infrastrukturen realitätsnah entwickeln und testen – lange bevor sie auf die Straße kommen. So lassen sich Auswirkungen auf Verkehrssicherheit, Verkehrsfluss und Miteinander fundiert bewerten und gezielt weiterentwickeln. Simulationsbasierte Potenzialanalysen geben Entscheidungsträgern ein wertvolles Instrument an die Hand.“
Titelbild: Damit man sich an die immersive Umgebung gewöhnen kann, ist ein 30-minütiges Übungstraining Pflicht (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)
*Das dtec.bw – Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr – ist ein von beiden Universitäten der Bundeswehr gemeinsam getragenes wissenschaftliches Zentrum und Bestandteil des Konjunkturprogramms der Bundesregierung zur Überwindung der COVID-19-Krise. Mit der Aufnahme in den Deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) wird dtec.bw von der Europäischen Union – NextGenerationEU finanziert